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 18/01/2016

Pressespiegel KW 3-2016

In einer Rückblende haben Finja Seroka und Boris Ludwig die wichtigsten Ereignisse, die in der vergangenen Woche in der deutschen Presse zu lesen waren, für unsere Leser zusammengefasst.

Übergriffe in Köln – und ihre Konsequenzen (FAZ, WELT, Tagesschau, Rheinische Post)
Die sexuellen Übergriffe an Silvester in mehreren deutschen Großstädten beherrschten auch diese Woche wieder die Schlagzeilen der deutschen Medienlandschaft. Noch immer ist das Ausmaß der Vorfälle nicht klar. Bis Mitte der Woche lagen den Kölner Beamten über 500 Anzeigen gegen Diebstahl und sexuelle Belästigung vor. Die Staatsanwaltschaft ermittelt derzeit gegen zwölf Beschuldigte.
Am Silvesterabend versammelten sich offenbar 500 Männer am Kölner Hauptbahnhof und zündeten dort Böller. Innerhalb kurzer Zeit verdoppelte sich die Gruppe, aus der sich später einzelne Männer herauslösten und Frauen belästigten oder beklauten.
Auch in Hamburg, Düsseldorf, Nürnberg und anderen deutschen Großstädten ermitteln die Behörden wegen ähnlicher Vorfälle in der Silvesternacht.
Laut Landesinnenminister Ralf Jäger (SPD) haben alle mutmaßlichen Täter aus Köln einen Migrationshintergrund, viele stammten aus Nordafrika. Auch einige Flüchtlinge seien darunter.
Etwa 130.000 Marokkaner oder Deutsche mit marokkanischen Wurzeln leben in der Bundesrepublik, die meisten davon sind sehr gut integriert. Mitglieder der marokkanischen Community schätzen, dass sich in NRW etwa 1000 schwarze Schafe aufhalten.
Ende der Woche durchsuchten 300 Polizisten etliche Spielcasinos und Cafés im sogenannten Maghreb-Viertel rund um den Düsseldorfer Hauptbahnhof. Dabei nahmen sie 40 junge Männer vorläufig fest. Das Ziel der Großrazzia war offiziell, die Identität einzelner Personen zu überprüfen und ihren Aufenthaltsstatus zu überprüfen.
Untersuchung des Kölner Kriminalkommissariats 41zeigen: 40 Prozent der Asylsuchenden, die zwischen Oktober 2014 und November 2015 aus Tunesien, Algerien und Marokko nach Deutschland gekommen waren, begingen hier eine Straftat. Bei Menschen aus dem Irak lag die Quote bei zwei, bei Syrern nur einem Prozent.
Die Union hat angekündigt, Flüchtlinge aus Nordafrika schneller abzuschieben. Horst Seehofer (CSU) und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) haben sich laut einem Zeitungsbericht der Welt am Sonntag darauf geeinigt, spezielle Aufnahmelager für Asylanten aus Marokko und Algerien einzurichten, sogenannte Rückführungseinrichtungen. Ihre Asylanträge sollen künftig im Eilverfahren bearbeitet werden – und die Antragsteller gegebenenfalls schneller abgeschoben werden.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) will nun die Kriminalität unter Zuwanderern und gegen Migranten wissenschaftlich untersuchen lassen. Derzeit prüft das Bundeskriminalamt, ob es zwischen sexueller Belästigung von Frauen in Deutschland und Zuwanderern einen Zusammenhang gibgt.
BKA-Chef Holger Münch warnt vor den neu entstandenen Bürgerwehren. Die gestiegene Gewalt gegen Flüchtlinge betrachtet er mit Sorge, von den rund 500 ermittelten Tätern im vergangenen Jahr waren 70 Prozent vorher noch nie im rechten Spektrum aufgefallen. Die Behörden brauchten schnelle Ermittlungsergebnisse, es könnten sich sonst weitere Untergruppe nach dem Vorbild des NSU bilden.
Währenddessen spitzt sich auch die gesellschaftliche Debatte weiter zu: Rechte rufen zu Bürgerwehr auf, Linke wollen nicht über den Hintergrund der mutmaßlichen Täter sprechen: Sexuelle Gewalt gegen Frauen sei ein männliches Problem und herkunftsunabhängig. Derweil mehren sich die Stimmen in den Medien, die über die Frauenrolle in arabischen Staaten ebenso diskutieren wollen wie über die Sexualmoral, die manche religiöse Strömungen fordern – und wohin diese führen können.
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Berichte zu den aktuellen Entwicklungen: hier, hier, hier und hier

 

Sigmar Gabriel will härtere Flüchtlingspolitik (Spiegel)
Die winterlichen Temperaturen haben an dem Flüchtlingsstrom gen Deutschland wenig geändert. Noch immer kommen jeden Tag 3.000 Asylsuchende in der Bundesrepublik an. Vize-Kanzler Sigmar Gabriel (SPD) fordert von der Bundeskanzlerin eine härtere Flüchtlingspolitik: Der Zuzug müsste bis zum Frühjahr reduziert werden, sonst „bewegen wir uns auf Zahlen zu, die schwierig werden". Was genau er damit meint, wollte er nicht sagen. Doch Gabriel ist mit dieser Meinung nicht alleine, mehrere führende SPD-Politiker fordern ein Umdenken.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat unterdessen einen „Benzin-Soli“ gefordert: Eine europaweite Abgabe auf den Liter Benzin solle die Flüchtlingskrise finanzieren. Sein Vorschlag stieß bei Parteimitgliedern und der Opposition auf harsche Kritik.
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Deutsche bei Anschlag in Istanbul getötet (Spiegel)
Mitten im Herzen Istanbuls hat sich Mitte der Woche ein Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt und dabei zehn Menschen mit in den Tod gerissen und etliche schwer verletzt. Acht von den Todesopfern waren Touristen aus Deutschland. Deshalb sprechen viele davon, dass der Anschlag der Türkei und der Bundesrepublik gegolten hat.
Der Attentäter war laut türkischen Angaben ein Anhänger der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS). Die Türkei will nun verstärkt gegen die Dschihadistenmiliz vorgehen.
Am Samstag überführte die deutsche Luftwaffe die Todesopfer nach Berlin.
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Zweifelhafte Ehrung
„Gutmensch“ ist das Unwort des Jahres 2015. Eine Jury aus Sprachwissenschaftlern vergab den unrühmlichen Titel vergangene Woche in Darmstadt. Mit dem Wort „Gutmensch“ werde Hilfsbereitschaft und Toleranz als dumm und naiv dargestellt. 2015 sei „Gutmensch“ vor allem in der Debatte um die Flüchtlingswelle zu einem oft genutzten Begriff geworden.
Das „Unwort des Jahres“ soll laut Aussage der Jury die Bevölkerung im Umgang mit ihrer Sprache sensibilisieren. Traditionell werden dabei Begriffe zum Unwort erklärt, die eine intolerante oder beleidigende Grundhaltung verschleiern. Die „Unworte“ der Jahre 2013 und 2014 waren mit „Lügenpresse“ und „Sozialtourismus“ ebenfalls Schmähwörter, die häufig in der Debatte um Einwanderung und die fremdenfeindliche Bewegung „Pegida“ zu hören waren.
 

Von: Boris Ludwig und Finja Seroka – (Almanya Bülteni)

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