„Gemeinsamkeiten stärken – Trennendes überwinden“
SPD Essen und IG BCE würdigen 60 Jahre deutsch-türkisches Anwerbeabkommen mit einem gemeinsamen Empfang.
Am vergangenen Mittwoch (27.10.) luden die Essener SPD und das IG BCE Regionalforum Essen zum gemeinsamen Empfang anlässlich des 60. Jahrestags des deutsch-türkischen Anwerbeabkommens. Rund 80 Gäste folgten der Einladung ins Haus der Technik. Caner Aver, integrationspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Essen, führte die Anwesenden als Moderator durch den Abend.
In seiner Begrüßung betonte der Essener SPD-Vorsitzende, Frank Müller MdL, dass es alles andere als selbstverständlich sei, dass man diesen Anlass heute gemeinsam feiern und dabei stolz auf das gemeinsam Erreichte sein könne. Auch wenn immer wieder und oftmals von außen Spannungen in das deutsch-türkische Zusammenlegen getragen würde, gelte es umso mehr, Gemeinsamkeiten zu stärken und Trennendes zu überwinden, so Müller. „Lassen wir uns nicht von den Kräften trennen, deren politisches Geschäft die Spaltung ist.“, appellierte Müller an die Anwesenden.
Karim Nefissi, Gewerkschaftssekretär der IG BCE, betonte die Bedeutung der gemeinsamen Arbeit als Motor für das Zusammenwachsen: „Unter Tage spielte es keine Rolle, wer Du bist und woher du gekommen bist. Unter Tage war der eine die Lebensversicherung des anderen und nicht Türke, Deutscher, Spanier – sondern Kollege.“
Diese Menschen verdienen unsere Anerkennung
Şener Cebeci, Generalkonsul der Republik Türkei in Essen, betonte die Wichtigkeit, Integration nicht nur an prominenten Beispielen zu messen: „Ein Großteil gelungener Integration findet geräuschlos statt. Diese Menschen verdienen unsere Anerkennung.“ Zudem rief er dazu auf, sich gemeinsam gegen das Fortschreiten rassistischer und antisemitischer Tendenzen in den heutigen Gesellschaften stark zu machen.
Heimat gibt es wohl im Plural
„Heimat gibt es sehr wohl im Plural.“, verdeutlichte Prof. Dr. Haci-Halil Uslucan, Direktor desZentrums für Türkeistudien an der Uni Duisburg-Essen in seiner Gastrede. Traditionen, Bräuche, Emotionen würden in pluralistischen Gesellschaften stetig neu verhandelt und abgewandelt. Ein starres Konzept einer „Leitkultur“, die diesen Wandel bremsen wolle, könne da nur fehl gehen.
Beim anschließenden Get together wurde ausgiebig weiter diskutiert, neue Kontakte wurden geknüpft und alte aufgefrischt. Dazu gab es klangvolle Begleitung durch die Harfenistin Duygu Aydoğan. So war es ein würdiger Rahmen, der die Vielfalt unserer Stadt 60 Jahre nach Abschluss des Anwerbeabkommens würdigte ohne die Herausforderungen zu verschweigen.
Hintergrund
Am 30. Oktober 1961 wurde das deutsch-türkische Abkommen zur Anwerbung von Gastarbeitern unterzeichnet. Bis zum Anwerbestopp 1973 kamen rund 850.000 Menschen aus der Türkei nach Deutschland. Insgesamt waren 11973 rund 2,5 Millionen ausländische Gastarbeiter sozialversicherungspflichtig in der Bundesrepublik beschäftigt. Nach der Rückkehrförderung von 1983/84 entschied der Großteil der Zugewanderten, sich dauerhaft in Deutschland niederzulassen. Heute haben rund 21 Mio. Menschen eine internationale Geschichte, darunter 2,9 Mio. Menschen mit türkischen Wurzeln. Das Ruhrgebiet war und ist bis heute ein Zentrum der Migration. In Essen haben 36% der Einwohner:innen eine Zuwanderungsgeschichte, darunter rund 34.000 aus der Türkei.
Von: Almanya Bülteni – (Essen)