Flüchtlingspolitik in Deutschland

Dieses Jahr kommen rund eine Millionen Flüchtlinge nach Deutschland – die meisten von ihnen haben sich registrieren lassen, ein Teil aber auch nicht. Rund 300.000 der neuen Flüchtlinge haben bisher einen Antrag auf Asyl gestellt. Damit hat sich der Flüchtlingsstrom im Vergleich zu 2014 vervierfacht und stellt Deutschland vor neue Herausforderungen – gesellschaftlich und politisch.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat im September erklärt, dass es keine Obergrenze auf Asyl geben könne. Genau so eine fordert nun CSU-Parteichef Horst Seehofer. Er droht mit einer Verfassungsklage, sollte die Bundesregierung den Zuzug nicht begrenzen. Denn die Handlungsfähigkeit der Länder sei gefährdet. Seehofer hat außerdem angekündigt, notfalls an den Außengrenzen des Freistaats Flüchtlinge direkt abzuweisen. Die Sicherung der Grenzen liege in der Hand des Bundesinnenministeriums und damit in Berlin, nicht in München, wiegeln andere Politiker ab.
Allerdings kritisieren mittlerweile auch Sozialdemokraten den Kurs der Bundeskanzlerin: Vizekanzler Sigmar Gabriel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier warnen in einem Spiegel-Interview: „Wir können nicht dauerhaft in jedem Jahr mehr als eine Million Flüchtlinge aufnehmen und integrieren.“ Die Hilfsbereitschaft der Deutschen dürfe nicht überfordert werden. Besorgniserregend ist deswegen vor allem eine Zahl des Bundesinnenministeriums: Dieses Jahr gab es 490 Übergriffe gegen Flüchtlingsunterkünfte, mehr als doppelt so viele wie vergangenes Jahr.
Bundeskanzlerin Merkel hat in der Sendung bei Anne Will ihre Asylpolitik diese Woche hingegen leidenschaftlich verteidigt. Die Deutschen hätten die besten Voraussetzungen, um diese Krise zu bewältigen. Merkel hat die Flüchtlingsfrage zur Chefsache gemacht: Seit dieser Woche koordiniert das Kanzleramt um Peter Altmaier den Zuzug und nicht mehr das Bundesinnenministerium um Thomas de Maizière.
Währenddessen diskutieren die Staatschefs der Europäischen Union weiter über eine gemeinsame Flüchtlingspolitik. Unter Anderem ist ein Flüchtlingssoli im Gespräch – damit sollen die Ursachen in den Herkunftsländern bekämpft werden. Über eine gerechtere Verteilung streiten die Regierungsvertreter weiterhin.
Foto: (AA) Anadolu Presse Agentur