Equal Pay Day 2012-jetzt eine PräsidentIN

 

Equal Pay Day 2012 - Frauen an die Front! Jetzt eine PräsidentIN für die TD-Plattform!

Früher, als ich noch ein kleines Mädchen war, glaubte ich, dass ich alles erreichen kann, wenn ich es nur wirklich will. Früher war ich naiv. Aber das sollte ich erst später merken.

Früher glaubte ich, dass man nur gut genug sein muss, um nach oben zu kommen. Der Weg nach oben, so meine Denke, würde automatisch gebahnt werden, wenn ich den nötigen Willen und Einsatz zeige. Später kam mit dem Alter und der Erfahrung auch ein wenig Weisheit dazu, so dass ich heute weiß: Pustekuchen! und deshalb sage: Mädchen, erwachet, werdet zu Frauen!

Der Weg nach oben ist für die meisten Frauen durch die sogenannte 'Gläserne Decke' blockiert, die nicht durch die Gnade des Mannes, sondern durch den Drang der Frauen ins Bröckeln geraten muss. Auch hier, mitten in Europa, in einem der modernsten Länder der Welt, müssen wir auch heute noch, nach rund 100 Jahren der modernen Frauenrechtsbewegung, über die Gesetzliche Frauenquote diskutieren. Nur deshalb gesetzlich, weil sich freiwillig nichts geändert hat. Weil es immer noch zigmal mehr Chefs gibt als Chefinnen. Wir müssen uns damit auseinandersetzen oder gar damit leben, dass Frauen für dieselbe Arbeit immer noch viel zu oft schlechter bezahlt werden. Dass sie am Ende des Monats immer noch mit weniger Lohn nach Hause gehen, obwohl der Monat für sie nicht kürzer ist.

Anlässlich des heutigen (23. März 2012) Equal Pay Days - der internationale Aktionstag für Entgeltgleichheit zwischen Männern und Frauen, dessen Sinn und Zweck es ist, auf die Lohnungerechtigkeit zwischen Frauen und Männern aufmerksam zu machen - hat die OECD Folgendes verkündet: Nirgendwo in Europa liegen die Löhne von Frauen und Männern so weit auseinander wie in Deutschland. Eine vollbeschäftigte Frau verdient in Deutschland knapp 22 Prozent (!) weniger als ein Mann. In den Spitzenpositionen der großen Unternehmen sind Frauen ebenso mager vertreten: Von sieben Aufsichtsrat- oder Vorstandsmitgliedern führender europäischer Unternehmen ist nur eins weiblich (13,7 Prozent). In Deutschland fand sich auf nur vier von 100 Vorstandsposten eine Frau!

Bedeutet dies nun, dass die Frauen in Deutschland schlechter sind als anderswo? Oder umgekehrt: Dass unsere Männer die besten sind? Bleiben wir naiv und denken weiterhin, dass es auf die Leistung ankommt? Dass die Frauen in Deutschland nun mal nicht in der Lage sind, Einsatz zu zeigen? Glauben wir das? Wollen wir das glauben? Klar, wenn wir nicht aus unserer rosaroten Welt herausgerissen werden wollen, glauben wir das! Bis wir selbst irgendwann mal von der Realität eingeholt werden.

Ich halte grundsätzlich nichts von Opferrollen, ganz gleich welcher Art. Ich halte auch daran fest, dass ein fester Wille viele Türen öffnet und Chancen bietet. Ich weigere mich nur dagegen, dass mir der Weg als das Ziel verkauft wird. Der Weg kann hier nicht das Ziel sein. Das Ziel allein ist das Ziel!

Die Spitzenpositionen in Unternehmen, die Spitzenämter und Listenplätze der Parteien, die Vorstandsposten von Stiftungen und Vereinen sind nicht überwiegend mit Männern besetzt, weil diese etwa das bessere Geschlecht sind, weil sie mehr Leistung bringen, sondern weil sie sich gegenseitig besser unterstützen können. Wir Frauen neigen ja nicht selten dazu, uns lieber gegenseitig die Augen auszustechen. Und oft gelingt uns das sogar besser als der gegenseitige Support – womit wir das eigentlich schwache Geschlecht ganz schön stark aussehen lassen. Wir Frauen neigen nicht selten dazu, daran zu glauben, was uns die Männer erzählen: Das nächste Mal bestimmt!

Doch das nächste Mal muss das Jetzt sein! Niemand muss mit dem Kopf gegen die Gläserne Decke, manchmal hilft es auch dem Pförtner einfach mal die Stirn zu bieten.

 

Ordentliche Mitgliederversammlung der TD Plattform: Jetzt eine PräsidentIN!

Bleiben wir realistisch. Allein mit unserer Stirn werden wir festgefahrene Strukturen nicht verändern können. Dazu bedarf es mehr. Unter anderem: Solidarität, die wir dort einsetzen können, wo unser Einflussbereich liegt und dann einsetzen müssen, wenn es darauf ankommt.

Die Türkisch Deutsche Studierenden und Akademiker Plattform (TD Plattform), die sicherlich einige kennen werden und bei der sicherlich auch einige Mitglied sind, hat morgen ihre Ordentliche Mitgliederversammlung, auf der sie auch den nächsten Vorstand wählen wird. Ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich für die tolle Arbeit des jetzt scheidenden Vorstands bedanken. Sie waren großartig und haben den Verein, dessen Ziel es ist, Studierenden und Akademiker die nötigen Netzwerke zu bieten, großartig vertreten und ein ganzes Stück weitergebracht. Ich wünsche mir, dass das so bleibt. Dass diese Entwicklung beibehalten wird. Die TD Plattform ist als bundesweit aktiver Verein vielen ähnlich strukturierten Organisationen oft Vorbild gewesen und hat jetzt die Möglichkeit es erneut zu werden. Ich weiß, dass unter den Vorstandskandidaten sehr viele motivierte Menschen dabei sind. Sie sind mit Herz und Seele dabei. Sie haben Ideale, sie haben Visionen, sie haben Ziele, die alle unterstützenswert sind. Natürlich und leider werden diese Vereine aber auch gern dazu genutzt, die eigenen, ausschließlich die eigenen Interessen zu vertreten. Dazu sind derartige Vereine aber weniger geeignet als beispielsweise politische Parteien, bei denen man mit diesen Ambitionen sicher besser aufgehoben wäre.

Ich wünsche mir, dass die TD Plattform ihre gute Arbeit fortsetzt und sich die aktuelle politisch-gesellschaftliche Diskussion auch ein bisschen zu eigen macht, indem sie jetzt an ihre Spitze eine Frau setzt und somit auch die andere Hälfte ihrer Mitglieder repräsentiert. Es gibt genug gute und hochqualifizierte Kandidatinnen, die sich morgen für einen Vorstandsposten bewerben werden. Sie stehen den männlichen Kandidaten in nichts nach - im Gegenteil. Deshalb ist es wieder Zeit für eine Frau und ebenso wieder Zeit Vorbild zu werden! Diese Chance gilt es zu nutzen.

Weitere Informationen zur TD-Plattform unter http://www.td-plattform.com/.

 

 

Serap Çelen