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 02/12/2012
 

Schulwahl = Soziale Spaltung?

Neue Kurzstudie zeigt: Elterliche Schulwahl verschärft soziale Spaltung

Welche Schule soll es denn werden? – Bei der Auswahl der Grundschule wollen viele Eltern 'das Beste' für Ihr Kind, schaden damit aber dem Bildungssystem. Das ist das Ergebnis der Kurzstudie des Forschungsbereichs beim Sachverständigenrat Deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR).

Demnach schickt die Mehrheit der Eltern ihren Nachwuchs auf eine Grundschule mit möglichst geringem Ausländeranteil, in der Hoffnung, ihnen damit einen erfolgreicheren Start zu bieten.

Diese Entscheidung verschlechtert aber laut Studie ungewollt die Bedingungen der verbleibenden Kinder. Die Folge: Schüler mit und ohne Migrationsintergrund werden im jungen Alter getrennt, es liegen schon früh ungleiche Lernchancen vor. Dies zeigt sich beispielsweise vor allem beim Erlernen der deutschen Sprache. Laut SVR-Geschäftsführerin Gunilla Fincke hätten die Kinder, die an der Schule zurückblieben, es dort dann noch schwerer. Dabei muss das gemeinsame Lernen leistungsschwacher und leistungsstarker keine Nachteile bringen. Zahlreiche Pilotprojekte belegen die erfolgreiche Zusammenarbeit.

Die Kurzstudie des SVR ist ein Projekt, indem sich acht Stiftungen zusammengeschlossen haben, darunter die Bertelsmann-Stiftung, die Vodafone-Stiftung und die Stiftung Mercator. Für den Bericht zum Einfluss der elterlichen Schulwahl werteten Experten die Daten von 108 Berliner Grundschulen und den umliegenden Schulbezirken aus. Die Forscher sind sich sicher: Die Ergebnisse demonstrieren beispielhaft die Lage auch in westdeutschen Großstädten. Und das Problem ist aktueller denn je: Deutschlandweit haben rund ein Drittel der Grundschüler einen Migrationshintergrund, in Großstädten sind es knapp die Hälfte (Statistisches Bundesamt 2012).

Im Normalfall weisen die deutschen Behörden einem Schulanfänger eine Grundschule zu. Allerdings können sich Eltern über die Entscheidung hinwegsetzen. In Nordrhein-Westfalen, aber auch in Bremen und Hamburg, geht dies sogar, ohne einen begründeten Antrag zu stellen. Einziges Kriterium ist der freie Platz in der Wunschschule. In anderen Bundesländern ist dies nur in begründeten Fällen möglich. Egal ob mit viel oder wenig Aufwand – Der Schulwechsel ist möglich und wird anscheinend auch viel in Anspruch genommen. Laut Bericht sorgen in Großstädten etwa zehn Prozent der Eltern mit Erfolg dafür, dass ihre Kinder auf die bevorzugte Grundschule wechseln können. Eltern mit Migrationshintergrund dagegen ziehen deutlich seltener einen Schulwechsel in Betracht.

Trotzdem: Die Experten wollen die Eltern nicht zu mehr Vielfalt zwingen. Stattdessen sollen Lernmöglichkeiten an segregierten Schulen gezielt verbessert werden. Insbesondere plädiert die Studie für eine stärkere Zusammenarbeit der Problemschulen mit den Eltern. Kriterien bei der Schulwahl sollen so nicht der Ausländeranteil, sondern das Lernumfeld und Leistungsniveau der Schule sein.

Die Kurzstudie des SVR kann hier heruntergeladen werden:

Esra Güner